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Bachmann-Preis für Tilman Rammstedt

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Im dritten Durchlauf hat Tilman Rammstedt mit seinem Text “Kaiser von China” den Bachmann-Preis und den Publikumspreis gewonnen. Keine schlechte Entscheidung, möchte man sagen, nachdem man den Romanauszug gelesen hat. Sehr bedauerlich, dass er auf Seite 16 endet, hineingezogen wird man in diesen Auszug augenblicklich, man möchte nicht mehr aufhören zu lesen. Der Text fließt, das mag an den langen, atemlosen Sätzen liegen, die dennoch sehr klar sind, das mag an den zahlreichen rhythmischen Wiederholungen liegen, an der dadurch sich aufbauenden Musikalität der Sätze. Die einzige Frage, die bleibt, ist, ob sich diese Sätze durch den ganzen Roman hindurch ihre Frische bewahren können.
Ein wenig erinnert der Kaiser an China an das “Muschelessen” von Birgit Vanderbeke, es ist eine ähnliche Intensität und Atemlosigkeit zu spüren, bei Rammstedt gepaart mit einem fast schon schwarzen Humor, der das Lesen zu einem Vergnügen macht. Faszinierend, wie Rammstedt die Person des Großvaters zeichnet, der alles anfängt und nichts beendet, der mit dem Auto nach China reisen und auch diese Reise nicht beenden wird, dafür aber schließlich sein Leben. Der Großvater wirkt auf diesen wenigen Seiten wie eine mythische Figur, mit der die Familie im realen Alltag ihre Probleme hat. Und da scheint unter dem dunkel schimmernden Humor noch einmal eine andere Ebene zu liegen, die sich mit ernsteren Familienproblemen beschäftigt. Um mehr zu wissen, wird man den ganzen Roman lesen müssen.

Tilman Rammstedt, 1975 in Bielefeld geboren, lebt in Berlin und ist kein Unbekannter, auch wenn ihn viele Leserinnen vielleicht nicht kennen. Er ist Mitbegründer der Lesebühne Visch & Ferse, Texter und Musiker bei der Gruppe Fön. und erhielt bereits einige Auszeichnungen und Förderpreise.

Zur Erheiterung trägt auch Rammstedts Videoclip “Der Kaiser von China” bei, der mit seinem grotesken Humor nicht nur den Roman selbst und seine Hauptfiguren, sondern auch die Literatur an und für sich, das Übersetzungsgeschäft, den Literaturbetrieb sowie die LeserInnen auf die Schippe nimmt. Dieses Video sollte man nach der Lektüre des Textes nicht verpassen.


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